Wie Tiere und Pflanzen an Überschwemmungen angepasst sind
Überschwemmungen sind natürliche Ereignisse. Unverbaute Flussauen sind von Natur aus jedes Jahr viele Wochen lang überstaut. Tiere und Pflanzen sind an das periodische Hochwasser angepasst. Viele benötigen sogar die Kleinlebensräume, die vom Wasser immer wieder erneuert werden. Hier ein Überblick:
Froschtümpel
Das Hochwasser füllt Flutrinnen und Kolke. Diese temporären Gewässer sind ideal für Amphibien. Sie laichen im Frühjahr ab, die Kaulquappen entwickeln sich bis zum Sommer. Wenn das Gewässer dann austrocknet, sind die kleinen Frösche und Kröten längst auf vier Beinen unterwegs und suchen an Land nach Nahrung. Würde das Gewässer ganzjährig Wasser führen, siedelten sich bald Fische dort an, die den Froschlaich und die Kaulquappen fressen.
In den feuchten Senken stochern im Sommer dann Kiebitze, Austernfischer und andere Wiesenvögel nach Nahrung.
Uferabbrüche
Eisvogel und Uferschwalben graben ihre Bruthöhlen in Steilufer aus Sand oder sandigem Lehm. Da die Bruthöhlen nach einer Brutsaison ziemlich verschmutzt sind, ist es praktisch, wenn das Hochwasser immer wieder neue, saubere Steilwände schafft. Das Emsufer bei Meppen ist übrigens der einzige natürliche Brutstandort der Uferschwalbe in Niedersachsen. Alle anderen Standorte befinden sich in vom Menschen geschaffenen Sandabbaustätten oder Baustellen.
Wurzelhöhlen
Werden die Ufergehölze unterspült, ergeben sich Unterstände für Jungfische in ruhigerem Wasser. Auf überhängenden Zweigen sitzt dann der Eisvogel und hält nach einer Mahlzeit Ausschau. Erle und Silberweide können Stelzwurzeln ausbilden und sich lange am Ufer festkrallen, ohne umzustürzen. Zudem wurzeln ihre Äste und die biegsamen Zweige leicht an anderen Stellen, wenn sie einmal von der Flut weggespült werden.
Treibholz
Getreibsel an Zäunen und Hecken bietet Unterschlupfmöglichkeiten für Insekten und andere Kleintiere. Vögel suchen dort Nahrung. Auch die Samen und Wurzelstöcke von Pflanzen werden auf diese Weise verbreitet. Dickstämmiges Treibholz dient als Sitzwarte für Vögel oder als Versteck.
Sand
Das Hochwasser legt den Sand der Uferdünen frei, die Grasnarbe wird abgeschält oder ausgedünnt. Sand wird auch abgetragen und an strömungsarmen Stellen wieder angelagert. Auf diese Weise entstehen Pionierstandorte für Spezialisten wie Sandlaufkäfer, Sandbienen, Sandsegge, Hungerblümchen, Filzkraut und Silbergras.
Auf Sand- und Kiesbänken fühlen sich auch viele Vögel wohl. Der Flussregenpfeifer hat dort seinen ursprünglichen Brutstandort.
Auwald
Von Natur aus wären die Flussauen weitgehend von Auwald bedeckt. Aber auch Menschen siedeln gern in der Nähe von Flüssen. Nährstoffreiche Überschwemmungsböden waren schon immer beliebte Weidegründe oder wurden als Mähwiesen genutzt. Ackernutzung sollte eigentlich die Ausnahme bleiben – und wenn, dann sollte der Acker für den Winter mit Gründüngung eingesät werden, damit der wertvolle Humusboden nicht abgeschwemmt wird.
Fazit: Durch Überschwemmungen wird die Auenlandschaft vielfältig gestaltet. Viele Tier- und Pflanzenarten sind an diese natürliche Dynamik angepasst. Lassen wir den Flüssen genug Platz, können wir viel zur Erhaltung der Biodiversität beitragen – und auch selbst ungestört in der Nähe unserer großen Flüsse leben.
Die Fotos in diesem Beitrag stammen aus dem Hasetal (erstes Foto) und aus dem Emstal bei Meppen. Mehr Eindrücke vom Hochwasser im Winter 2023/24 gibt es in meinen Videos zum Thema:
Hochwasser an der Ems im Winter 2023/2024
Nach dem Hochwasser – auf Spurensuche an der Ems