Spatzenbrot
Ein Spatz fing eine Libelle
und brachte sie auf die Schnelle
den tschilpenden Jungen ins Nest.
Die stritten um Flügel und Leib
nur so zum Zeitvertreib
und verschlangen sie ohne Rest.
Azurblaue Libelle,
Flugkünstlerin, du schnelle,
du wardst zu Spatzenbrot!
Wer sieben Schnäbel stopfen muss,
hat keine Zeit für Kunstgenuss,
fängt alles in der Not.
Ob die Jungen nach solcher Speise
fliegen auf Libellenweise?
Man zweifle getrost daran.
Doch der Alte, der mich überraschte,
als er die Libelle erhaschte,
hat zumindest gezeigt, was ein Spatz alles kann.

Ostfriesische Idylle
In Ottos Leuchtturm kann man sich vermählen
am Leyhörn später Säbelschnäbler zählen
ein Zivi hilft, man ist da erst noch unbedarft
die Gülle stinkt verhalten meckern Himmelsziegen
die Siel-Acht lässt den Hammrich trocken liegen
schief hockt die kleine Kirche auf der Warft
in windgeformten Pappelblütenschleiern
thront eine Häuptlingsburg umringt von trüben Weihern
auf einem Teppich von Vergissmeinnicht
ein Rentner aus dem Ruhrpott mit vier Hunden
erwarb sie, hätt sie dem Verfall entwunden
doch selbst entwand er sich ihm leider nicht
Rohrweihen jagen ihren letzten Schatten
im gaukelnd Tiefflug über mistbestreute Matten
der Tierarzt eilt nach Ochtelbur zur Fleischbeschau
mit Sonnenwimpern säumt das alte Schilf die Gräben
die Esche krallt mit schwarzen Fingernägeln
bis auf den Deich herab das hohe Himmelsblau.

Blühstück
birnbaum dein blühstück
verdient allen bienenapplaus
in löwengezähnte szene
setzt du dein kleid
wirfst es premieren-erfahren
auf gräsernen teppichen aus
raffst deine ringe
und stundest zum fruchten die zeit

MÄRZ
Der Winter geht auf dünnem Eis,
die Meisen wetzen ihre Kehlen.
Der Rüttelfalke überm Stoppelmais
wird seine nächste Maus vielleicht verfehlen.
Vornehme Pferde tragen jetzt noch Karotuch
und manchmal eine Kniebandage,
der Ackergaul macht einen Pflugversuch
hoch oben in der Weihnachtsbaumplantage.
Felder und Weiden sind zertreten und gebleicht,
die Hecke überhaucht von Haselpollen,
die letzten Vogelnester restlos aufgeweicht
und in der Luft ein Nichtmehrfrierenwollen.
Ich treffe eine Boßelgruppe, die den Weg vermisst,
sie bieten einen Roten an zum Scherz.
Ich trinke zwei, weil heute mein Geburtstag ist
und so kommt endlich Farbe in den März.

Der windige Dichter
der Wind
tuschelt im Schilf
er fischt Verse
faselt leise vom Schüttelreim
und weht wieder heim
der Wind
raschelt im Halm
erhascht einen Satz
treibt vor sich her ein halbes Sonett
und legt sich wieder zum Fluss ins Bett
der Wind
wiegelt Wellen auf
er sammelt silbrige Zeilen
die Abendsonne sieht es mit an
doch kann sie nicht länger verweilen
und vollendet mit ihrem letzten Licht
das Gedicht
