„Pflanzen zeigen keinen klaren Unterschied zwischen Jugend und Alter“ antwortet mir die Künstliche Intelligenz Chat GPT auf die Frage, ob Pflanzen unsterblich sind. „Einige Pflanzen können sehr lange leben, solange die Umweltbedingungen günstig sind.“ Der Begriff „Unsterblichkeit“ sei in Bezug auf Pflanzen eher metaphorisch zu verstehen.
In meinem neuen Buch „Vivaldi für den Marder“ ist die Geschichte „Wie als ist mein Baumfreund“ zu lesen. Im Zentrum dieses Textes steht eine Zimmerpflanze der Gattung Philodendron (= Baumfreund), die durch Ableger von Generation zu Generation weitergegeben wird. Diese Ableger sind Klone der Mutterpflanze, die dadurch quasi unsterblich wird – so meine These.
Nun habe ich recherchiert, wie das Leben eines Philodendron in seinem natürlichen Lebensraum, den Regenwäldern Mittelamerikas, aussieht. Je nachdem, ob ein Samen auf den Boden oder in die Astgabel eines riesigen Urwaldbaumes fällt, ergeben sich verschiedene Szenarien. Hoch oben in einer Astgabel ist der kleine Baumfreund bereits am Ziel seiner Wünsche: am Licht! Das Pflänzchen rankt munter durch die Baumkrone und sowie es stark genug geworden ist, entwickelt es viele Meter lange Luftwurzeln, die bis auf den Boden reichen und für Nachschub an Wasser und Nährstoffen sorgen.
Fällt der Samen jedoch auf den Boden, dann muss der junge Baumfreund sich erst einmal einen Baum als Freund suchen. Dazu kriecht er am Boden entlang, mit langen Ausläufern, die immer wieder neue Wurzeln in den Boden senken. Er wächst in Richtung Schatten, denn Schatten stammt im Wald meist von Bäumen. Gelangt er endlich an die Basis eines Baumes, ändert er seine Strategie. Nun wächst er in Richtung Licht, den Stamm hinauf. Er erklimmt den Baum, löst sich von seinen „Bodentruppen“ und sonnt sich in der Baumkrone. Und wenn er stark genug geworden ist, entwickelt er viele Meter lange Luftwurzeln, die bis auf den Boden reichen…
Fällt der Urwaldriese mitsamt seinem Baumkletterer irgendwann einmal um – und so etwas passiert in Urwäldern ständig – kann der Philodendron wieder seine Reise über den Boden antreten, sich eine neue Basis suchen und die ganze Geschichte beginnt von vorn. Alterungsprozesse gibt es bei dieser Lebensweise nicht. Jedes neue Blatt ist makellos und frisch. Nur der Einfluss von außen kann ein solches Leben beenden: Ein Vulkanausbruch, eine Überschwemmung, gefräßige Tiere, die Rodung des Regenwaldes, …
Im Gegensatz zur ewigen Jugend der beschriebenen Kletterpflanzen durchlaufen Bäume zunächst eine Art Jugendstadium und erreichen dann irgendwann das „Mannbarkeitsalter“. So wird das Alter genannt, in dem ein Baum erstmals Früchte hervorbringt.
Die Waldkiefer braucht 15 – 30 Jahre, bevor die ersten Früchte (bzw. Zapfen) erscheinen.
Fichte: 30 – 50 Jahre
Buche und Eiche: 40 – 50 Jahre
Zirbelkiefer: 50 – 80 Jahre
Nebenbei gesagt: Diese Zahlen verdeutlichen, wieso eine Neupflanzung nicht von heute auf morgen einen alten Wald ersetzen kann.
Aber zurück zum Thema: Bäume kennen also ein Jugendstadium. Wie sieht es nun mit dem Altern aus? Da Bäume keine spezialisierten Organe haben, wie Mensch und Tier, sondern nur einzelne spezialisierte Zellen, können sie sich beim Wachsen ständig von innen selbst verjüngen. Absterbende Zellen verholzen und werden zu Wasserleitungsbahnen. Absterbende Blätter oder sogar ganze Äste werden abgeworfen, denn es wachsen ja neue nach. Begrenzende Faktoren für die Lebensspanne sind auch hier die Umweltbedingungen: Dürreperioden, Verletzungen der Rinde mit nachfolgendem Pilzbefall, Frassschäden, Stürme, Waldbrand usw.
Nun kommt endlich die spannende Fragen, wie alt Pflanzen unter günstigen Umständen tatsächlich werden können:
Anhand einer Bohrprobe der Jahresringe wurde eine kalifornische Kiefer (Pinus longaeva) auf ein Alter von 5.068 Jahren datiert.
9.500 Jahre ergab die Datierung mit der Radiocarbonmethode bei einer schwedischen Fichte (Picea abies). Sie gilt damit als der älteste Einzelbaum weltweit.
Das Wurzelnetz einer Amerikanischen Zitterpappel (Populus tremuloides) in den USA lebt allerdings schon seit mehr als 80.000 Jahren. Mit 47000 Ablegerstämmen bedeckt es eine Fläche von 43 ha.
Fazit: Pflanzen haben’s echt drauf! Sie leben nur von Licht, Luft und Wasser – und sind auch noch potentiell unsterblich!